Bild S. St.: Kreuzgang der Zisterzienser Abtei Fontenay, Burgund
Dieses Bild, vor Jahren im Burgund aufgenommen, trug für mich zuerst den Titel «Licht und Schatten».
Nun habe ich es umbenannt. «Schatten und Licht». Es ist eigentlich nur ein Wortspiel.
Doch obwohl wir in den Corona-Virus-Zeiten vielfach wunderschönes Frühlingswetter haben, eben viel Licht haben, habe ich bei mir selber, aber auch bei anderen Leuten, in dieser Krise Schatten aufkommen sehen. Innerlich und äusserlich, vor allem wegen den vielen Einschränkungen.
Beim jetzigen, näheren Betrachten des Bildes habe ich die Bögen des Kreuzganges als Gänge unseres Lebens gesehen. Je nach dem Stand der Sonne sind in solchen Kreuzgängen verschieden kurze bzw. lange Licht-Einflüsse zu beobachten. Auch sie können für unser Leben stehen. Unsere Erfahrungen von «Schatten und Licht» sind vielfältig. Mich haben sie jedoch, nach einer gewissen Zeit, in meinem Leben immer wieder weitergebracht. So konnte ich auch den Schattenzeiten etwas Gutes und sogar Bereicherndes abgewinnen. Sie haben mich geprägt.
Eine frühere Nachbarin, heute 96jährig, die ihre Kinder- und Jugendzeit in Deutschland verbracht hat und als junge Frau nach Schaffhausen kam und mit der ich momentan öfters in telefonischem Kontakt stehe, sagte neulich zu unseren jetzigen Zeiten Folgendes zu mir: «Meine Armut, die ich damals vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt habe, ist heute mein Reichtum. Wir haben gelernt, nicht den Kopf hängen zulassen. So wussten wir uns auch mit Wenigem immer zu helfen. Wenn etwas nicht rechtsrum ging, dann eben linksrum».
Bemerkenswert. Diese Frau hat auch bis heute eher bescheiden gelebt. Sie vermittelt mir jedoch den Eindruck, dass sie mit sich und der Welt im Einklang lebt, dass sie zufrieden ist und in sich ruht.
Vielleicht haben wir es momentan teilweise so schwer, weil wir allgemein viel zu hohe Ansprüche an uns selber, an unsere Mitmenschen, an unsere Freizeit, an unser Leben stellen.
Vielleicht ist jetzt die Zeit, um diese Einschränkungen als Chance wahrzunehmen.
Ich habe mir vorgenommen, in dieser «Auszeit» genau darüber nachzudenken, damit «Licht und Schatten» in der jetzigen Situation und auch später bei mir zu einer ausgewogeneren Einschätzung meines Lebens kommen.
Susanne Stoffel, Leitende Katechetin