Anstelle der gesamten Passionsgeschichte können Sie / könnt ihr hier die Stellen aus den Evangelien lesen, in denen die letzten Worte Jesu zur Sprache kommen. Nach dem Bibeltext folgt jeweils eine kurze Meditation.
1. Teil: Lk 23,26-29.32-38
Als sie Jesus hinausführten,
ergriffen sie einen Mann aus Zyréne namens Simon, der gerade vom Feld kam.
Ihm luden sie das Kreuz auf, damit er es hinter Jesus hertrage.
Es folgte eine grosse Menschenmenge,
darunter auch Frauen, die um ihn klagten und weinten.
Jesus wandte sich zu ihnen um und sagte:
Ihr Frauen von Jerusalem, weint nicht über mich; weint über euch und eure Kinder!
Denn es kommen Tage, da wird man sagen:
Wohl den Frauen, die unfruchtbar sind, die nicht geboren und nicht gestillt haben.
Zusammen mit Jesus wurden auch zwei Verbrecher zur Hinrichtung geführt.
Sie kamen zur Schädelhöhe; dort kreuzigten sie ihn und die Verbrecher,
den einen rechts von ihm, den anderen links.
Jesus aber betete:
Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.
Dann warfen sie das Los und verteilten seine Kleider unter sich.
Die Leute standen dabei und schauten zu;
auch die führenden Männer des Volkes verlachten ihn und sagten:
Anderen hat er geholfen, nun soll er sich selbst helfen,
wenn er der erwählte Messias Gottes ist.
Auch die Soldaten verspotteten ihn; sie traten vor ihn hin und sagten:
Wenn du der König der Juden bist, dann hilf dir selbst!
Über ihm war eine Tafel angebracht; auf ihr stand: Das ist der König der Juden.
Impuls: Vater, vergib ihnen
Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun
verlachen
verspotten
kreuzigen
zuschauen
Vier Worte, die entwürdigen, die sterben lassen, die töten.
Damals hiess der Betroffene Jesus.
Seither haben unzählige Menschen unter denselben Worten gelitten:
Marco, der wegen seines Sprachfehlers seit dem Kindergarten ausgelacht wird,
Nuria, die wegen ihrer Herkunft und ihrer Andersartigkeit verspottet wird,
Thomas, der auf das festgenagelt wird, was er vor 30 Jahren getan hat,
Susanne, der es sichtbar von Tag zu Tag schlechter geht und alle schauen nur zu.
Ignoranz, Gleichgültigkeit, Unachtsamkeit, Angst –
Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun
Vater, vergib uns, denn oft wissen wir genau, was wir tun.
2. Teil: Lk 23, 39-43
Einer der Verbrecher, die neben ihm hingen, verhöhnte ihn:
Bist du denn nicht der Messias? Dann hilf dir selbst und auch uns!
Der andere aber wies ihn zurecht und sagte:
Nicht einmal du fürchtest Gott? Dich hat doch das gleiche Urteil getroffen.
Uns geschieht recht, wir erhalten den Lohn für unsere Taten;
dieser aber hat nichts Unrechtes getan.
Dann sagte er:
Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst.
Jesus antwortete ihm:
Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein.
Impuls Amen, ich sage dir: heute wirst du mit mir
Ich sage dir: heute noch wirst du mit mir im Paradies sein
Inmitten grössten Leides ist die Rede vom Paradies.
Paradies im Alltag, das sind nicht Palmenstrände oder viel Geld.
Paradies im Alltag, das ist das Lächeln, das wieder aufmuntert.
Das ist das Wort, das aufrichtet, ermuntert, tröstet.
Das ist die Freude, die verbreitet wird.
Das ist das Mit-Aushalten, wenn man nichts mehr tun kann.
Das ist das Verzichten auf gute Ratschläge und Besserwisserei.
Das sind die fünf Minuten am Bett eines unheilbar Kranken.
Paradies im Alltag das ist, wenn die Liebe Hand und Fuss bekommt.
Ich sage dir: heute noch wirst du mit mir im Paradies sein
3. Teil: Mk 15, 33-36
Als die sechste Stunde kam,
brach über das ganze Land eine Finsternis herein.
Sie dauerte bis zur neunten Stunde.
Und in der neunten Stunde rief Jesus mit lauter Stimme:
Éloi, Éloi, lema sabachtáni?,
das heisst übersetzt:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?
Einige von denen, die dabeistanden und es hörten, sagten:
Hört, er ruft nach Elíja!
Lasst uns doch sehen, ob Elíja kommt und ihn herabnimmt.
Nach diesen Worten hauchte er den Geist aus.
Impuls: mein Gott, mein Gott
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen –
Dieser Schrei Jesu am Kreuz begleitet uns an jedem Karfreitag. Wir hören ihn aus dem Munde Jesu –
und wir hören ihn auch heute noch aus dem Mund zahlloser geschundener, gefolterter und leidender Menschen.
Ich mag nicht mehr
Ich kann nicht mehr
Ich will nicht mehr
Worte, die ertönen, wenn das Leid zu gross und die Hoffnung den Schmerzen gewichen ist.
Nur wenn auch ihr Schrei unser Herz erreicht,
erhält das Gedächtnis an Jesu Tod seine Tiefe,
wohnt Gott in uns,
weil er der Gekreuzigte ist.
Nur wenn wir solidarisch sind mit den Leidenden
und unser eigenes Leiden wahrnehmen,
können wir erkennen, dass dieser Schrei Jesu der Schrei ist nach Befreiung und Erlösung.
Das tiefste Leiden nicht schön reden, sondern die schreienden Worte zulassen:
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen –
4. Teil: Joh 19, 28-30
Danach, als Jesus wusste, dass nun alles vollbracht war,
sagte er, damit sich die Schrift erfüllte:
Mich dürstet.
Ein Gefäss mit Essig stand da.
Sie steckten einen Schwamm mit Essig auf einen Ysopzweig
und hielten ihn an seinen Mund.
Als Jesus von dem Essig genommen hatte sprach er:
Es ist vollbracht!
Und er neigte das Haupt.
Impuls: es ist vollbracht
Es ist vollbracht
Vorbei die schlaflosen Nächte,
nicht mehr wichtig die quälenden Fragen,
gelöst die unsäglichen Schmerzen,
verstummt die Worte
klingen nach
rufen Erinnerungen wach.
es ist vollbracht.
Was bleibt ist die Liebe
5. Teil: Lk 23, 44-46
Es war etwa um die sechste Stunde,
als eine Finsternis über das ganze Land hereinbrach.
Sie dauerte bis zur neunten Stunde.
Die Sonne verdunkelte sich.
Der Vorhang im Tempel riss mitten entzwei,
und Jesus rief laut:
Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist.
Jesus hat die Dunkelheit nicht von der Welt genommen. Aber durch sein eigenes Schicksal ist er uns in dieser Dunkelheit ganz nahegekommen, hat Verständnis für die dunklen Seiten unseres Lebens, lässt sie aushalten und schenkt uns die grosse Hoffnung, dass dieses Leiden nicht das Letzte ist. Vertrauen wir ihm an, was das Leben durchkreuzt.
Text: Yvonne von Arx