Gedanken zur Sonntagslesung vom 29. März: «Ich öffne eure Gräber und hole euch aus euren Gräbern herauf»


Lesung aus dem Buch Ezechiel (Ez 37,11-14)

Er sagte zu mir: Menschensohn, diese Gebeine sind das ganzeHaus Israel. Siehe, sie sagen: Ausgetrocknet sind unsere Gebeine, unsere Hoffnung ist untergegangen, wir sind abgeschnitten.

So spricht Gott, der Herr: Siehe, ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf. Ich bringe euch zum Ackerboden Israels.

Und ihr werdet erkennen, dass ich der Herr bin, wenn ich eure Gräber öffne und euch, mein Volk, aus euren Gräbern heraufhole.

Ich gebe meinen Geist in euch, dann werdet ihr lebendig und ich versetze euch wieder auf euren Ackerboden. Dann werdet ihr erkennen, dass ich der Herr bin.

Ich habe gesprochen und ich führe es aus – Spruch des Herrn.

Gedanken zur Lesung:

Liebe Mitglaubende

Hintergrund dieses Textes ist eine geschichtliche Situation, eine grosse Krise des jüdischen Volkes:

Ezechiel lebt im 6. Jahrhundert vor Christus, mit seinen jüdischen Glaubensgenossen in der Deportation in Babylon, fern seiner Heimat, fern von Jerusalem. Er versucht, trotz dieser schweren Situation Mut zuzusprechen und den Menschen Hoffnung zu geben. In diese Situation hinein platzt die Mitteilung, dass Jerusalem und der Tempel fern in der geliebten Heimat niedergebrannt und zerstört worden ist. Was vorher noch Kraft gab – die Hoffnung auf eine Rückkehr in die Heimat – fällt nun auch weg. Es gibt keine Rückkehrmöglichkeit mehr. Die Heimat, wie sie vorher war, gibt es nicht mehr. Wozu lohnt es sich also noch zu leben?

In diese verzweifelte Situation hinein spricht Gott zu Ezechiel und trägt ihm auf, die oben geschriebenen Trostworte an sein Volk zu sprechen.

Was sagt Gott damals den Israeliten, was sagt er uns heute, auch in schwierigen Zeiten?

«Siehe, ich öffne eure Gräber und hole euch, mein Volk, aus euren Gräbern herauf.»

Unsere Gräber, das sind nicht die Gräber der schon Verstorbenen, deren Gebeine im Friedhof Chloos ruhen. Unsere Gräber, das ist unsere Verlassenheit, unsere Angst, unsere Mutlosigkeit, unser Verzagen. Das geht mir und allen auch so. Nicht alle zur gleichen Zeit, aber jeder Mensch hat solche Momente. Kein Hoffnungsschimmer am Horizont, keine Spur einer Besserung.

In solchen Situationen sind wir wie gelähmt und können uns selber nicht mehr helfen. Wir brauchen die Hilfe von Aussen, von Oben. Es können Menschen sein, wie Ezechiel damals für die Juden, die uns Hoffnung und Vertrauen schenken. Es kann auch Gottes Stimme direkt sein, die uns in unserem Inneren Mut zuspricht und Hoffnung schenkt.

In diesen schweren Zeiten, wo viele ältere Menschen isoliert zuhause zubringen müssen, sind die Worte Ezechiels wie Balsam und Trost:

Gott schenkt uns ein neues Leben, wir, die wir wie tot waren, gelähmt von all den Ereignissen, die innert Monatsfrist über die ganze Welt hereingebrochen sind und unser Alltagsleben aufs Stärkste einschränken. Er schenkt uns seinen Geist:

«Ich gebe meinen Geist in euch, dann werdet ihr lebendig und ich versetze euch wieder auf euren Ackerboden.»

Diesen Geist können wir uns selber nicht geben. Aber wir können Gott darum bitten, dass er ihn uns schenkt. Und wir können unser Herz öffnen, um die Botschaft Ezechiels in unser Leben aufnehmen zu können:

Siehe geliebter Mensch: Ich mache dich wieder lebendig und gebe dir meinen Geist, einen Geist der Hoffnung, des Glaubens an das Gute!

So spricht Gott zu uns. Dafür danken wir ihm von ganzem Herzen!

Ich wünsche Ihnen von Herzen eine gesegnete Zeit, trotz aller Widrigkeiten! Wir bleiben in Gedanken und im Gebet miteinander verbunden!

Erich Jermann

Gebet:

Guter Gott, schenke uns deinen Geist, damit wir in dieser Krisensituation Gelassenheit und Ruhe bewahren und uns nicht niederdrücken lassen.

Schenke uns deine Kraft, die uns wachruft und aufstehen lässt gegen die Angst.

Schenke uns deinen Frieden ins Herz, damit wir jeden Abend in Ruhe zu Bett gehen können und uns von dir getragen wissen.

Darum bitten wir dich voll Vertrauen, dich, unseren gütigen und starken Gott. Amen