Gedanken zum Josefstag 19. März 2020

Bibeltext: Mt 1, 18-21.24a

18 Mit der Geburt Jesu Christi war es so: Maria, seine Mutter, war mit Josef verlobt; noch bevor sie zusammengekommen waren, zeigte sich, dass sie ein Kind erwartete – durch das Wirken des Heiligen Geistes.

19 Josef, ihr Mann, der gerecht war und sie nicht bloßstellen wollte, beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen.

20 Während er noch darüber nachdachte, siehe, da erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.

21 Sie wird einen Sohn gebären; ihm sollst du den Namen Jesus geben; denn er wird sein Volk von seinen Sünden erlösen.

24 Als Josef erwachte, tat er, was der Engel des Herrn ihm befohlen hatte, und nahm seine Frau zu sich.

Josef, der Zimmermann der träumt. Künstler: Clemens Maria Fuchs

Liebe Pfarreigemeinschaft

In Zeiten von Corona empfinden einige unseren Alltag als Alptraum. Am liebsten möchte man am Morgen erwachen und alles war nur ein böser Traum. Vielleicht erging es dem Heiligen Josef, den wir am 19. März jeweils feiern, zu seinen Lebzeiten manchmal ähnlich.

Wir kennen alle den Heiligen Josef als den Menschen, der im Hintergrund seiner berühmten Frau Maria wirkt.

Wir kennen ihn als den Vater Jesu, der ihn auf den Schoss genommen hat, der ihm den Glauben beigebracht und das Zimmermannshandwerk gelehrt hat.

Heute möchte ich mit ihnen einen anderen Teil seines Lebens anschauen, nämlich seine Träume. Im Matthäusevangelium sind die wenigen Stellen, in denen von ihm die Rede ist, immer gepaart mit Träumen. Wenn sie die Bibel lesen, dann treffen sie an schier zahllosen Stellen Träume und es lohnt sich deshalb, sich einmal damit zu befassen.

Nachtträume – Offenbarungsort Gottes

Für viele sind Träume einfach Schäume; viele von uns wurden als Kinder bereits ermahnt: träum nicht so in der Gegend rum! Die christliche und biblische Tradition spricht eine ganz andere Sprache: Träume sind immer und ausnahmslos der Offenbarungsort Gottes; der Raum, in dem Gottes Gegenwart zum Durchbruch kommt, richtungsweisend ist und in absolut ehrlicher Weise aufzeigt, wie es wirklich um einem steht.

Wir träumen in der Nacht, wie Josef es getan hat. Und diese Träume können wir nicht beeinflussen. Sie kommen aus dem sogenannten Unterbewusstsein, von dem Teil von uns, über den der Kopf, der Verstand, nicht herrschen kann. Träume sprechen in einer Bildersprache und sie zeigen uns ganz genau, wie es uns wirklich geht. Was wir während des Tages durch Arbeit verdrängen oder mit einer Sucht betäuben können, was uns angetan wird oder wir andern tun, das verschafft sich in der Stille der Nacht wieder Durchbruch.

Im Falle von Josef war es sicher ein Gemisch aus Angst, Unsicherheit, Zweifel und Verletzung. Diese Verlobungszeit lief so gar nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. Der Entscheid war eigentlich schon getroffen, diese Verlobung rückgängig zu machen. Dank seines Traumes konnte er alles wieder für sich ordnen und was er darin als richtig erkannt hat, danach hat er dann auch gehandelt.

Gott ist, bei allem, was wir begreifen oder verstehen können, immer auch oder noch mehr ein Geheimnis. Und in diesem geheimen Raum der Träume, der auch unser Verstehen übersteigt, können wir eben auch Gott begegnen – gerade und vor allem, weil wir dort schonungslos ehrlich sein müssen.

Tagträume und Visionen

Neben den Nachtträumen gibt es auch noch die Tagträume. Man könnte sie Wünsche oder Visionen nennen. Gewiss, es gibt Träume, die nur Schäume sind, die sich nicht verwirklichen lassen, aus was für Gründen auch immer: zu wenig Geld, nicht das richtige Alter, nicht genügend Schulbildung. Aber Tagträume geben uns oft auch eine Zielrichtung vor. „Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum Handeln“ hat der Heilige Don Bosco gesagt. Alle Heiligen hatten Träume und all diesen Frauen und Männern hat man am Anfang immer gesagt, sie seien Spinner, realitätsfern, eben Träumer – das werde nichts, das werden sie nicht schaffen. Aber sie haben alle an ihren Träumen und Visionen festgehalten und vieles in Bewegung gesetzt, was bis heute anhält.

Was wäre wohl passiert, wenn Josef nicht auf diesen Traum gehört hätte? Eine Frage, die nur mit Spekulationen beantwortet werden kann. Aber die Frage, was aus unseren Träumen geworden ist, die können wir alle beantworten. Vielleicht gibt es irgendwo einen begrabenen Traum, dem nachzugehen es sich nochmals lohnen würde; ein Traum, der uns mehr Lebendigkeit, neuen Sinn schenken würde.

Krisen können zur Chance werden. Möge uns der Heilige Josef gerade jetzt, wo uns die Zerbrechlichkeit des Lebens so unsanft vor Augen geführt wird, helfen, uns auf das Wesentliche im Leben zu konzentrieren und Träume nach Möglichkeit zu leben und möge der Patron der Sterbenden allen beistehen, deren Leben auf Erden zu Ende gehen wird.

Gebet:

Menschenfreundlicher Gott

Du offenbarst dich seit jeher in den Träumen der Menschen

und willst sie dadurch führen.

Auf die Fürsprache des Heiligen Josef bitten wir dich:

  • Schenke all den Menschen Hoffnung, deren Leben nicht traumhaft verläuft, vor allem den Menschen in Katastrophengebieten und den Menschen, die am Corona-Virus schwer erkrankt sind.
  • Schenke allen Pflegenden, Ärzt*innen, Politiker*innen und freiwillig Helfenden Kraft, ihre Arbeit zum Wohle der kranken Menschen zu tun.
  • Schenke uns die Kraft, gerade heute an unsere Träume zu glauben und sie zu verwirklichen, damit wir erfüllt leben können.
  • Schenke uns genügend Achtsamkeit, damit wir in unseren Träumen deine Führung wahrnehmen können.
  • Schenke uns genügend Ehrlichkeit, damit wir die Tagträume loslassen können, die dem Leben nicht dienen.
  • Schenke uns den Mut, für unsere Pfarrei Visionen zu entwickeln, damit wir eine lebendige Gemeinschaft in deinem Sinne werden können.

Guter Gott

Auf die Fürsprache des Träumers Josef erhöre unsere ausgesprochenen und unausgesprochenen Bitten durch Christus, unseren Bruder und Erlöser. Amen.

Text: Yvonne von Arx